Was kann ein Intraoralscanner beim Zahnarzt? (Anwendungsfelder)
Bei Einzelzahn-Restaurationen ist der digitale Workflow oft „Paradedisziplin“, weil die Anforderungen klar abgrenzbar sind und die Scanstrecke kurz bleibt.
Kurze Scanstrecke → weniger Drift-Risiko
- Gescannt wird meist ein einzelner Zahn plus Nachbarzähne (für Kontaktpunkte) und der Gegenzahn-/Bissbereich.
- Die Software muss nur wenige Zentimeter „zusammenstitchen“. Dadurch entstehen weniger akkumulierte Registrierungsfehler.
- Praktisch bedeutet das: Der Datensatz bleibt lokal stabil – genau dort, wo die Restauration sitzen soll.
Hohe Detailanforderung an Präparationsränder → sehr gut kontrollierbar
Bei Kronen/Teilkronen entscheidet der Präparationsrand (Finish Line) über Dichtigkeit, Passung und Langlebigkeit. Beim Scan ist der Vorteil:
- Der Rand kann live in starker Vergrößerung geprüft werden (gibt es „Löcher“, Glanzartefakte, verwischte Bereiche?).
- Wenn der Rand in einem Abschnitt nicht sauber ist, wird gezielt nachgescannt, statt den kompletten Abdruck zu wiederholen.
- Speichel-/Blutfilm oder retractierte Gingiva sieht man sofort als „Störzone“ im Modell – das zwingt quasi zur Qualitätskontrolle.
Gerade bei Inlays/Onlays ist die Präzision im Bereich der Kavitätenränder und Innenflächen wichtig. Hier hilft der Scan, kritische Übergänge (z. B. flache Stufen, feine Kanten) sichtbar zu machen, bevor das Labor überhaupt startet.
Gerade bei Inlays/Onlays ist die Präzision im Bereich der Kavitätenränder und Innenflächen wichtig. Hier hilft der Scan, kritische Übergänge (z. B. flache Stufen, feine Kanten) sichtbar zu machen, bevor das Labor überhaupt startet.
Schienen (Knirscher-/Aufbissschienen)
Bei Schienen geht es weniger um „einen Rand“ und mehr um flächige Kontaktqualität und Bisslage. Genau dafür ist ein sauberer digitaler Datensatz ideal.
Okklusale Genauigkeit + vollständige Erfassung der Zahnreihen
- Für eine funktionierende Schiene braucht es:
- vollständige Zahnreihen (damit die Schiene stabil sitzt)
- korrekten Zusammenbiss (damit sie nicht „hoch“ ist oder kippelt)
- gleichmäßige Kontaktflächen (damit keine punktuellen Überlastungen entstehen)
Der digitale Scan liefert:
- präzise Geometrie der Kauflächen (Kontaktzonen)
- digitale Bissregistrierung, die Ober- und Unterkiefer korrekt zueinander ausrichtet
Wichtig: Der Biss-Scan ist hier der kritische Moment. Wenn der nicht sauber ist, kann die beste Oberfläche trotzdem zu einer Schiene führen, die sich „komisch“ anfühlt. Darum wird der Biss im digitalen Workflow aktiv geprüft (Plausibilitätscheck) und bei Bedarf wiederholt.
Komfortabler Prozess, oft ohne Wiederholungen
- Viele Patient:innen empfinden Abdrücke für beide Kiefer plus Biss als unangenehm (Würgereiz, Geschmack, Materialmenge).
- Beim Scan wird stattdessen in Etappen gearbeitet, mit Pausen möglich.
- Wenn eine Stelle fehlt: Nachscannen statt Neuabdruck.
Digitale Archivierung (praktischer Nutzen, nicht „nice-to-have“)
- Die Scandaten bleiben gespeichert: Wenn eine Schiene verloren geht oder erneuert werden muss, kann man oft auf vorhandene Datensätze zurückgreifen (je nach Zeitfenster und klinischer Veränderung).
- Auch Verlaufskontrollen sind möglich (z. B. Abrasionen, Zahnwanderungen) – das ist ein Pluspunkt bei Bruxismus-Patient:innen.
Implantat-Workflows (je nach Fall) – warum „Einzelzahn“ und „Full-Arch“ zwei völlig verschiedene Welten sind
Einzelzahnimplantate: häufig Vorteile bei Komfort, Zeit und Kontrolle
- In vielen Fällen wird ein Scanbody auf das Implantat/Abutment gesetzt (ein standardisiertes Bauteil mit definierter Geometrie).
- Der Scanner erfasst:
- Scanbody
- Nachbarzähne (für Kontakte)
- Gegenzahnreihe + Biss
- Vorteil: kurze Strecke, klare Referenzen, schnelle Kontrolle – ähnlich wie bei Einzelzahn-Kronen, nur mit zusätzlicher Implantat-Komponente.
Full-Arch-Implantate: Messqualität hängt am Setup
Bei Full-Arch (ganzer Kiefer, mehrere Implantate, oft zahnlos) wird es anspruchsvoll, weil die Software über eine lange Strecke exakt bleiben muss – und gleichzeitig fehlen oft natürliche „Anker“ wie viele Zahnstrukturen.
Hier entscheiden diese Setup-Faktoren:
1) Scanbodies (Typ, Position, Stabilität)
- Scanbodies müssen korrekt sitzen (kein Kippeln, keine Verschmutzung, korrekte Ausrichtung).
- Ihre Oberfläche und Geometrie liefern der Software die Referenz, um Implantatpositionen exakt zu berechnen.
- Schon kleine Fehler (nicht vollständig eingeschraubt, Speichelfilm, Spiegelung) können die Genauigkeit messbar beeinflussen.
2) Scanstrategie (Pfad, Segmentierung, Überlappung)
- Full-Arch wird oft in Segmenten gescannt, die sauber überlappen müssen.
- Ziel: Drift minimieren, Tracking stabil halten.
- Ohne saubere Überlappung kann die Software Segmente falsch zueinander ausrichten.
3) Spannweite & „Stitching-Drift“
- Je länger die Strecke, desto eher addieren sich minimale Registrierungsfehler.
- Das ist der Kern, warum Full-Arch digital anspruchsvoller ist als Einzelzahn.
4) Weichgewebe & Beweglichkeit
- Zahnloser Kiefer bedeutet oft mehr bewegliche Schleimhautflächen.
- Bewegliche Areale sind optisch schwerer stabil zu erfassen als feste Zahnhartsubstanz – das erhöht die Anforderungen an Technik und Vorgehen.
Bei Einzelzahnimplantaten ist der digitale Workflow häufig sehr effizient und komfortabel. Bei Full-Arch-Implantaten ist er möglich, aber die Ergebnisqualität ist deutlich stärker abhängig von Scanbody-System, Strategie und Erfahrung – weshalb man hier besonders indikationsbezogen plant.